Härtsfeldbahn-Anzeiger

Ausgabe 1/1999

Die Brünigbahn-Wagen (Teil 1)

1949 verkaufte die Schweizerische Bundesbahn (SBB) sechs dreiachsige Wagen der meterspurigen Brünigbahn Luzern - Meiringen - Interlaken nach Württemberg. Vier Wagen kamen zur Härtsfeldbahn, zwei gelangten zur Nebenbahn Amstetten - Laichingen.
Bereits 1888 nahm die Jura - Bern - Luzern-Bahn (JBL) den Betrieb auf der Brünigbahn mit insgesamt 32 dreiachsigen Personenwagen auf. Durch Nachbeschaffungen erreichte der Bestand schließlich 93 Wagen mit einem Sitzplatzangebot von rund 3200 Plätzen.
Vom Polsterklasse-Wagen mit üppiger Innenausstattung bis zum bescheidenen Drittklass-Wagen waren alle Typen anzutreffen. Alle Wagen besaßen das gleiche dreiachsige Untergestell, wobei die mittlere Achse in einem besonderen Rahmen seitenverschieblich angebracht war und ein Bremszahnrad für die Zahnstangenabschnitte aufwies.
Mit dem Bau der Wagen wurde die Schweizerische Industriegesellschaft in Neuhausen (CH) beauftragt. Viele Einzelteile wie Achsen und Bremsbestandteile wurden von Van der Zypen in Köln bezogen. Die Wagen hatten ein Platzangebot von 24 - 40 Sitzplätzen und ein Leergewicht von 7 - 8 Tonnen. Der Radstand der knapp 10 Meter langen Wagen betrug 6 Meter. 1926 begann die Ausrangierung der Wagen. 1955 wurden die letzten Dreiachser ausrangiert. Einige haben sich als Dienstwagen bis in die jüngste Zeit gerettet. Die vier Wagen für die Härtsfeldbahn wurden 1949 angeliefert und mit den Nummern 10 bis 13 in Betrieb genommen. In den Jahren 1956 bis 1960 erfolgte eine Modernisierung. Durch den Einbau einer Stromleitung war die heimelige Zeit der Petroleumfunzeln vorbei. Für wohlige Wärme sorgte eine WEBASTO-Heizung. Im Mai 1962 wurden in Neresheim die Wagenkästen der beiden Wagen 11 und 12 abgebrochen. Die Fahrgestelle wurden ohne Mittelachse zu Auwärter in Stuttgart-Möhringen gebracht, wo sie neue Aufbauten erhielten.
Passend zu den vierachsigen Beiwagen 101 und 103 verkehrten die beiden Wagen - nun als 253/254 bezeichnet - fortan als Doppelwagen-Einheit, scherzhaft "Ziehharmonika" genannt. Aufgrund des unruhigen Laufs war der Doppelwagen nicht sonderlich beliebt. Dennoch wurde er bis zur Stilllegung der Härtsfeldbahn im Herbst 1972 eingesetzt.
1973 wurden die "Ziehharmonika" nach Laichingen transportiert. Dort blieb sie abgestellt bis sie 1976 an die Inselbahn Langeoog verkauft wurde. Vor dem Einsatz wurde der Aufbau um 30 cm verschmälert. Seit Sommer 1976 waren die Wagen als VB 5 und 6 in im Einsatz. 1994 wurde der Fahrzeugpark auf Langeoog erneuert. Dabei wurden die Wagen abgestellt. 1998 wurden Sie an den Kleinbahnmuseumsverein "Jan Klein" in Wittmund veräußert.
Im Gegensatz zu den Wagen 11 und 12 blieben die beiden Wagen 10 und 13 unverändert im Einsatz. Nach Ablieferung des neuen Doppelwagens 253/254 wurden sie nicht mehr benötigt und 1963 abgestellt. Ende 1967 interessierte sich der Deutsche Eisenbahn-Verein in Bruchhausen-Vilsen bei Bremen für einen Wagen. Der Wagen blieb jedoch in Neresheim. Die Finanzierung des weiten Transports kam nicht zustande. Beide Wagen standen noch 1971 in schlechtem Zustand in Neresheim. Sie sollen erst nach Einstellung der Bahn bei einer Feuerwehrübung warm abgebrochen worden sein.

Jürgen Ranger

Wie die Reichsmark nach Neresheim kam

Vor ziemlich genau 75 Jahren näherte sich die größte Inflation der deutschen Geschichte ihrem Höhepunkt. Ende Mai 1922 zahlte man auf dem Wochenmarkt für 1 Pfund Butter 60 Mark; Mitte August 1923 mußte man eine Million Mark dafür hinlegen und Ende Oktober 1923 war der Preis auf 6 Milliarden Mark gestiegen.
Reichsbank und Reichsdruckereien kämpften gegen den immensen Bedarf an Bargeld auf verlorenem Posten. Das war jedoch noch nicht genug. Immer mehr Kreise, Städte, Gemeinden und andere Gebietskörperschaften gaben ihr eigenes Notgeld heraus.
Am 20. November 1923 erfolgte die Stabilisierung der Papiermark auf der Basis von 4,2 Billionen Mark für einen US-Dollar. Eine Billion Mark wurde einer Ren-tenmark gleichgesetzt. Dieser provisorischen Einheit entsprach ab dem 30. August 1924 die Reichsmark.
Josef Haefele wuchs damals als Sohn des Leiters der Oberamtssparkasse in Neresheim auf. Seine Kindheits-erinnerungen gehen zurück in das Jahr 1923:
"In Neresheim hat die Oberamtssparkasse das Notgeld gedruckt, wunderschöne Scheine, die später dann sehr begehrt waren. Auf der Rückseite war ein alter Kupferstich von Stadt und Kloster Neresheim abgebildet. Die ersten Scheine durften wir Kinder abholen. Es wurde ein Nummernstempel angeschafft und abends saßen wir da und haben die laufende Nummer aufgestempelt. Mein Vater hat ursprünglich noch von Hand unterschrieben. Später wurde dann ein Faksimile-Druckstock mit der Unterschrift eingebaut.
Das große Ereignis meiner Kindheit war, als das Geld von der Reichsbank in Aalen abgeholt werden mußte. Wem vertraut man dieses als dem unscheinbarsten Überbringer an? Einem Kind!
Ich fuhr also mit dem Zügle nach Aalen. Dort hat mich ein Beamter der Reichsbank abgeholt. Als der Zug zurückging hat er mich an das Zügle gebracht. Da wartete schon der Zugführer Oelkuch. Mir hat man die Auflage gegeben: "Der Koffer kommt unter den Sitz. Du bleibst sitzen und hängst die Füße drüber." In Neresheim hat mein Vater mich abgeholt. Alles ging glatt vonstatten.
Ich war damals fünf Jahre alt. Mit sechs brauchte man eine Kinderfahrkarte. Damals hat man so gespart, daß man keine Kinderfahrkarte gekauft hat. Mein Vater war eben ein alter Beamter: treu und sparsam. Man hat jede Mark und jeden Pfennig ausgenützt, den man für die Oberamtssparkasse sparen konnte."

Josef Haefele / Jürgen Ranger

Gleisbau aktuell

Restaurierung der Egaubrücke

Die Überquerung der Egau war nach den Bahnübergängen über die L 2033 und am HP Steinmühle die letzte große Hürde, die beim Bau des Streckenabschnitts Neresheim - Sägmühle zu nehmen war.
Nach einem Vierteljahrhundert ohne Zugverkehr verkehren nun wieder Bauzüge über die Brücke zu der Gleisbaustelle am Ende des Schienenstrangs.
Die umfangreichen Arbeiten begannen bei strengem Frost Anfang 1998 mit dem Entfernen des Bewuchses, der sich im Lauf der Jahre angesiedelt hatte. Danach wurde die Brücke angehoben.
Die Aufarbeitung der Lager erfolgte in Neresheim. Währenddessen wurde die Brücke eingehaust und dann gründlich gereinigt. Die eingehende Untersuchung durch einen Statiker brachte ein sehr erfreuliches Ergebnis zu Tage: keine einzige Niete war schadhaft. Es waren lediglich kleinere Schweißarbeiten notwendig.
Nach dem Aufbringen der Beschichtung und der Ausbesserung der Fundamente wurde die Brücke wieder in ihre richtige Lage gebracht. Es folgte die Montage der neuen Brückenschwellen. Schließlich konnten die Schienen montiert werden. Seit Oktober 1998 ist die Brücke wieder befahrbar.

Fahrzeugbestand und Stand der Arbeiten an unseren Fahrzeugen

Dampflokomotive Nr. 11
Dampflokomotive Nr. 12
Die Lokomotive wird für die Hauptuntersuchung vorbereitet. Für notwendige Arbeiten am Rahmen wurde Sie im Lokschuppen aufgebockt und ausgeachst.

Triebwagen T 33
Auf dem Führerstand in Richtung Dischingen wird eine Heizung eingebaut. Für den späteren Betrieb erhält der Triebwagen eine Funksprechanlage.

Triebwagen T 37
Die umfangreiche elektrische Verkabelung des Triebwagens wird überarbeitet.

Triebwagenanhänger TA 101
Nach der Entrostung und Lackierung der Innenwände der zweiten Wagenhälfte wurde mit dem Einbau der Innenverkleidung begonnen.

Triebwagenanhänger TA 103
Personenwagen HMB 1
Mit der zweiten Längsseite ist der Wagenkasten rundum erneuert. Die Achsen wurden nach dem Aufziehen neuer Radreifen wieder eingebaut. Während der Bahnhofs-hocketse konnten die Pufferbohlen an die Längsträger angenietet werden. Die überarbeiteten hölzernen Sitzbänke stehen zum Einbau bereit.

Personenwagen HMB 2
Personenwagen HMB 6 (Fahrgestell)
Personenwagen HMB 7
Am 10. Oktober wurde der dreiachsige Personenwagen von Möckmühl nach Neresheim überführt. Das mit den ehemaligen Wagen 10 bis 13 der Härtsfeldbahn baugleiche Fahrzeug befindet sich im Eigentum der DGEG. Es wurde von uns angemietet.

Gedeckter Güterwagen Gw 153
Hilfspackwagen Pw 154 (Fahrgestell)<BR> Pufferwagen Gw 155
Gedeckter Güterwagen Gw 156
Schotterwagen Ommt 184
Offener Güterwagen Ow 301
Der Güterwagen hat eine Hauptuntersuchung erhalten.

Offener Güterwagen Ow 303
Rungenwagen Rw 322
Rollböcke 2, 5, 6 und 24
Die Rollböcke 2 und 5 haben eine Hauptuntersuchung erhalten. Sie werden zum Transport von Schienen an die Gleisbaustelle am Ende des Schienenstrangs eingesetzt.

Schneepflug (ex T 30/31)
Aufenthalts- und Ausstellungswagen (ex RhB 4042)
Kleinfahrzeuge Klv 30, Kla 01, Handhebeldraisine
Mobilkran, Radlader, VW-Transporter


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[ Letzte Aktualisierung 01.01.1999 Gerald Stempel ]