Härtsfeldbahn-Anzeiger

Ausgabe 1/2002

Ein Traum wurde wahr: Die Härtsfeldbahn fährt wieder!

Sie galt als eine der spektakulärsten Bahnlinien in Deutschland und als Prototyp der Schwäbischen Eisenbahn: die Härtsfeldbahn. Von Aalen aus überwand sie die Ostalb in vielen Kurven wie eine Gebirgsbahn.
Atemberaubend waren die Fahrt über das Viadukt und durch den Wallenhau-Tunnel. Auf der Höhe angekommen ging die Fahrt durch Wälder, vorbei an Wacholderheiden und an Getreidefeldern.

Der Betriebsmittelpunkt - die "Centralstation" - lag in Neresheim, unmittelbar am Fuße des Ulrichsbergs mit dem weltweit bekannten barocken Benediktiner-Kloster. Von hier aus folgte die Härtsfeldbahn dem idyllischen Egautal und erreichte nach 55,5 km ihren Endpunkt Dillingen in Bayern.

1972 wurde die Bahn eingestellt. Fast auf den Tag genau 100 Jahre nach Eröffnung der Bahn ist es dem Härtsfeld-Museumsbahn e.V. gelungen, einen kurzen Streckenabschnitt wieder in Betrieb zu nehmen.
Der Zuspruch bei den Eröffnungsfeierlichkeiten am 20. und 21. Oktober 2001 war riesig. Die neuen Härtsfeldbahner wurden von einer begeisterten Öffentlichkeit nahezu überrannt. Alles in allem wurden an zwei Wochenenden fast 2.000 Fahrgäste befördert!
Fast wie vor hundert Jahren verlief die Eröffnungsfeier, die mit einem Salutschuss der Neresheimer Bürgerwehr begann. Einige hundert Personen hatten sich in Neresheim am Lokschuppen eingefunden. Die Stadtkapelle intonierte einen Marsch, der zu den zahlreichen Grußworten überleitete. Den neuen Härtsfeldbahnern wurde "stets der notwendige Dampf" und "genügend Kohle" gewünscht. Mehrfach wurde der baldige Weiterbau der Strecke in Richtung Dischingen angesprochen.

Ein Festvortrag galt der Bedeutung der Härtsfeldbahn für Neresheim und Umgebung. Danach ging es in einem Umzug zum Bahnsteig vor dem Bahnhofsgebäude. Dort angekommen freute sich die Festgemeinde über die Einfahrt des Sonderzuges mit der schön geschmückten Dampflokomotive. Der Abt des Klosters Neresheim gab der Bahn den geistlichen Segen und wünschte ihr stets "Gute Fahrt!". Dann hieß es "Einsteigen bitte!". In historischen Uniformen waren Zugführer und Schaffner den Festgästen behilflich. Ein weiterer Salut der Bürgerwehr, ein Musikstück der Stadtkapelle und die Melodie von der Schwäbischen Eisenbahn, gespielt von einem Drehorgelmann, begleiteten die Museumsbahn bei ihrer ersten Fahrt, die zu einer wahren Triumphfahrt durch das idyllische Egautal wurde.
Auf der ganzen Strecke hatten sich Fotografen postiert. Autos drosselten ihre Geschwindigkeit. Man winkte sich gegenseitig zu. Die Freude über die wiedererstandene Bahn war unverkennbar. Problemlos funktionierte die Schrankenanlage. Der Zwischenhalt am Haltepunkt Steinmühle wurde positiv aufgenommen. Dann ging es hinüber über die Egaubrücke und in gemächlichem Tempo durch das Landschafts- und Naturschutzgebiet Kalkwerk/Egautal.
Die Einfahrt in den Bahnhof Sägmühle wurde von Böllerschüssen begleitet. Ein langes Bufett, betreut von Trachtenmädchen, erwartete die Festgäste. Währenddessen setzte sich die Dampflokomotive unter eindrucksvoller Dampfentwicklung an das andere Ende des Zuges. Schließlich mahnte ein langanhaltender auf- und abschwellender Pfiff der Lokomotive die Fahrgäste zum Einsteigen und dann ging es wieder zurück nach Neresheim. Die neue Härtsfeldbahn war eröffnet.

Von nun an wird es von Mai bis Oktober einen regelmäßigen Museumsbahn-Fahrbetrieb geben. Jeweils am ersten Sonntag eines Monats und an einigen Feiertagen werden dann wieder Züge über das Härtsfeld verkehren.

Jürgen Ranger

Daten zur Geschichte des Esslinger Lokomotivbaues

Teil 3 - Einheitslokomotiven und Triebwagen

1924 Erste dieselelektrische Vollbahnlokomotive, gebaut für die UdSSR. Zur Erprobung der Lok mit 1524 mm Spurweite wird ein Lokomotivprüfstand aufgestellt.
1926 Erstmalige Lieferung der Einheitslokomotive Baureihe 44 für die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG). Bis 1957 werden 568 Einheitslokomotiven der Baureihen 23, 41, 42, 44, 50, 50 ÜK, 52, 64, 82 und 86 an die DRG bzw. an die DB geliefert.
1928 Die Elektrotechnische Abteilung Cannstatt wird an die AEG verkauft.
1929 Ablieferung der gemeinsam mit MAN entwickelten Dieseldruckluft-Lokomotive V32 01 (später V 120 001) an die DRG. Die Lokomotive wird ein Jahr später bei der Weltkraft-Konferenz in Berlin präsentiert.
1933 Beginn der Lieferung Elektrischer Triebzüge für den Vorortverkehr Esslingen - Stuttgart - Ludwigsburg der DRG (ET 65 und ES 65).
1935 Der Schnelltriebzug elT 1900 (später ET 11 01) wird als schönster Triebwagen, den die ME je baute auf der Jahrhundert-Ausstellung der deutschen Eisenbahnen in Nürnberg gezeigt. Der Triebwagen steht heute im DGEG-Eisenbahnmuseum Neustadt/Weinstraße.
1941 Lieferung der zwei größten und leistungsfähigsten elektrischen Zahnradlokomotiven der Welt für den Braunkohlen-Abbau der Grube Riebeck bei Halle/Saale (System Riggenbach).
  Zum Jahresende tritt Oberingenieur Otto Günther nach 38 Dienstjahren in der ME, davon 31 Jahre als Bürovorstand im Lokomotiv-Konstruktionsbüro, in den Ruhestand. Sein Sohn Herbert wird 1949 Vorstand der Württembergischen Nebenbahnen AG (WN) und der Württembergischen Eisenbahn-Gesellschaft (WEG).
1945 Wegen des verlorenen Krieges wird ein Neubau-, Konstruktions- und Export-Verbot der deutschen Lokomotiv-Industrie auferlegt.
1946 Lieferung von 12 Oberleitungslokomotiven zum Abtransport der Trümmer aus der kriegszerstörten Stadt Stuttgart. Von der Miltiärregierung wird für den Bau dieser Lokomotiven eine Sondergenehmigung erteilt. Eine dieser Lokomotiven befindet sich heute im Straßenbahnmuseum Stuttgart-Zuffenhausen.
1949 Das Neubau-Verbot für Lokomotiven wird aufgehoben. Für die Deutsche Eisenbahn-Betriebsgesellschaft, die WEG und andere deutsche Privatbahnen wird ein vierachsiger Dieseltriebwagentyp entworfen.
1952 Auftrag zur Lieferung von 23 sechsachsigen meterspurigen Lokomotiven für Brasilien. Die ersten werden bereits im August 1953 in Dienst gestellt.
  15. August: Kleine Werkfeier anläßlich der Ablieferung der 5.000sten Lokomotive, einer dreifach gekuppelten Diesellokomotive für die Schwedische Staatsbahn.
1954 Lieferung von zwei Dampfzahnradlokomotiven System Abt für Argentinien. Es sind die leistungsfähigsten meterspurigen Zahnradlokomotiven der Welt.

Lokgeschichte: Dietrich Adolf Braitmaier
Werksgeschichte: Jürgen Ranger

Die Fahrzeuge: echt schwäbische Schmalspur!

Im Museumsbahnbetrieb kommen ein Dampfzug aus der Zeit der Jahrhundertwende und ein Triebwagenzug aus den Fünfziger Jahren zum Einsatz. Sie erleben Fahrbetrieb ganz wie früher bei der Härtsfeldbahn!

Dampflokomotive Nr. 12 "Liesele"

gebaut 1913 bei der Maschinenfabrik Esslingen für die Härtsfeldbahn.

Triebwagen T 33

gebaut 1934 bei der Waggonfabrik Wismar für die Kleinbahn Bremen - Tarmstedt, modernisiert 1960 - 1964 bei der Firma Auwärter für die Härtsfeldbahn.

Triebwagenanhänger TA 101

gebaut 1901 bei Herbrand für die Härtsfeldbahn, modernisiert 1955 bei Auwärter.

Personenwagen HMB 1

gebaut 1896 bei der Maschinenfabrik Esslingen für die Filderbahn. Zwei ähnliche Wagen waren bei der Härtsfeldbahn im Einsatz.

Personenwagen HMB 7

gebaut 1888 bei der Schweizerischen Industrie-Gesellschaft für die Brünigbahn. Vier solche Wagen waren bei der Härtsfeldbahn im Einsatz

Gedeckter Güterwagen Gw 153

und

Offener Güterwagen Ow 301

gebaut 1901 bei der Süddeutschen Waggonfabrik Kelsterbach für die Nebenbahn Amstetten - Laichingen.

Weitere historische Schmalspurbahn-Fahrzeuge (darunter viele ehemalige Härtsfeldbahn-Fahrzeuge) können in Neresheim besichtigt werden:


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[ Letzte Aktualisierung 01.01.2002 Gerald Stempel ]